- Der angeblich unabhängig geprüfte Bericht über die Binance-Finanzreserven zerstreut die Skepsis des Marktes nicht – Analysten weisen vielmehr auf Ungereimtheiten hin.
- Die Binance-Geschäftsleitung versichert, dass die Finanzen der Börse seien solide – substanzielle Beweise dafür legt sie nicht vor.
Binance, nach Handelsvolumen die weltweit größte Kryptobörse , hat ihren Proof-of-Reserve (PoR)-Bericht im Anschluss an eine Prüfung durch die internationale Steuerberatungs- und Wirtschaftsprüfungsgesellschaft Mazars veröffentlicht.
Der Bericht zeigt zwar, dass die Bitcoin-Reserven der Börse sogar überbesichert sind, konnte aber die grundsätzlichen Bedenken über die finanzielle Gesundheit des Unternehmens nicht ausräumen.
Ein Investmentmanager und ehemaliges Mitglied des Financial Accounting Standards Board, der vom Wall Street Journal befragt wurde, behauptet, dass die durch die Prüfung nachgewiesenen Reserven mehrere Ungereimtheiten in den Finanzen von Binance aufdeckten.
Der Finanzexperte weist darauf hin, dass das von Mazars veröffentlichte Dokument eine Differenz zwischen den gesamten Bitcoin-Verbindlichkeiten und den Vermögenswerten von Binance aufzeigt. Der PoR-Bericht zeige, dass Binance zu 97% besichert war, mit Ausnahme von Vermögenswerten, die an Kunden durch Kredite oder Margin-Konten verliehen wurden.
Konkret hatte Binance am 23. November 597.602 Bitcoin zum Tageswert von 9,68 Milliarden Dollar an Verbindlichkeiten, besaß aber nur 575.742 Bitcoin im Wert von rund 9,43 Milliarden Dollar – eine Differenz von 21.860 Bitcoin oder rund 245 Millionen Dollar. Das von Binance behauptete Verhältnis von 1:1 zwischen Rücklagen und Kundenvermögen wurde also nicht erreicht.
Ein Sprecher von Binance stellte klar, dass die 3-Prozent-Lücke im PoR-Bericht auf BTC zurückzuführen sei, die an Kunden verliehen worden waren, die möglicherweise nicht in dem Bericht erscheinende Token als Sicherheiten verwendet hatten. Damit reagierte er auf ähnliche Bedenken von Jesse Powell, dem CEO der Kryptobörse Kraken. Nach Angaben des Sprechers sei die Bitcoin-Reserve von Binance zu 101 Prozent besichert, wenn die anderen Vermögenswerte berücksichtigt würden.
Zu den weiteren geäußerten Bedenken gehört, dass der Prüfungsbericht keine Informationen über die Qualität des Controllings von Binance enthält und auch nicht darüber, wie die Systeme der Börse Vermögenswerte zur Deckung von Margin-Krediten liquidieren.
Das Fehlen von Informationen über die Unternehmensstruktur von Binance wurde ebenfalls als wichtiger Kritikpunkt angeführt. Dem Wall Street Journal zufolge hat der Chief Strategy Officer von Binance, Patrick Hillman, es versäumt, die Muttergesellschaft von Binance zu nennen, da die Börse seit fast zwei Jahren eine Unternehmensumstrukturierung durchläuft.
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Binance-Crash hätte katastrophale Folgen für den gesamten Kryptomarkt
Binance hat aufgrund des großen Marktanteils jetzt die ungeteilte Aufmerksamkeit des gesamten Kryptomarkts. Analysten halten einen Zusammenbruch von Binance für noch schlimmer als den der FTX-Börse, bei dem über zehn Milliarden Dollar an Investorengeldern versenkt wurden.
Ungeachtet dessen wiederholt Binance-Chef Changpeng Zhao, dass die Börse in einer sehr gesunden Position sei. Er weist darauf hin, dass die Börse finanzielle Vorsicht und Transparenz praktiziere, was ihr ermöglicht habe, zu den wenigen Kryptofirmen zu gehören, die noch Mitarbeiter einstellen, während viele andere ihre Belegschaft entlassen hätten. Was das mit den strittigen Unternehmensreserven zu tun hat, sagte er nicht.